Ich dachte, ich lese nicht richtig…
Die deutschen Finanzämter sollen künftig die Einkommen aller Bundesbürger im Internet veröffentlichen – wie in Norwegen!
Norwegen hat in vielerlei Hinsicht eine Vorbildsfunktion, z.B. im Bereich Bildungswesen, aber im Bereich Datenschutz sollte man ihnen nichts abgucken.
Wie detailliert kann man sich eine Gehalts-Offenlegung vorstellen? Kann ich da als Normalbürger die Online-Datenbank aufrufen, den Namen meines ungeliebten Nachbarn eingeben, um dann festzustellen, dass sein Gehalt in keinem Verhältnis zu seinem Porsche, Haus und Urlaubshäufigkeit steht? Muss ich ihn dann aufgrund des Verdachts auf Steuerhinterziehung anzeigen? Oder muss ich mich dann anderen gegenüber rechtfertigen, dass ich mehr verdiene, als wonach ich aussehe?
Der Forscher Prof. Rudolf Hickel (Uni Bremen) zu BILD: „Eine solche Datenbank wäre ein Beitrag zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Sozialmissbrauch.“
Inwiefern bitteschön? Wie kann etwas/jemand anderes als das Finanzamt Steuerhinterziehung und Sozialmissbrauch bekämpfen, indem er weiß, was einer verdient? Das Argument wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet! Die Krankenkasse und das Finanzamt wissen doch, was ich verdiene. Wer, bitteschön, will es noch wissen? Bzw. wen geht es noch was an? Vielleicht will ich gar nicht wissen, dass ich unterbezahlt bin oder das falsche studiert hab…. oder doch mehr verdiene, als der Durchschnitt und von mir dann stillschweigend erwartet wird, dass ich spendabler bin, mir doch ein dickere Auto kaufe etc… Die Leute zerreissen sich gern das Maul…
Ist das nicht so, dass wir alle “wissen” was Fußballspieler und Schumi verdienen? Was löst das in uns aus? “Sollen die doch den Haitianern spenden…” und das tun sie auch, weil man es von ihnen erwartet.
Der Wirtschaftsweise Prof. Peter Bofinger hält den Vorstoß für „absolut diskutabel“: „Jeder könnte sehen, wer wie viel zur Finanzierung des Staates beiträgt.“
…und sich dann was davon versprechen? Ich sehe schwarz auf weiß, dass Hartz-IV Empfänger nichts beitragen, aber neidvoll über jene herziehen, die überdurchschnittliche Gehälter beziehen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird noch schneller noch größer, der Neid auf die Besserverdiener verwandelt sich in Verzweiflung über die eigene geringere Leistungsfähigkeit.
Miese Stimmung wird nicht nur durch das Gehaltsgefälle zwischen den verschiedenen sozialen Schichten ausgelöst, sondern auch durch Unterschiede innerhalb gleicher Job-Positionen, zwischen Mann und Frau, Ost und West, Jung und Alt und in Abhängigkeit der beschäftigenden Betriebsgröße (siehe gehaltsvergleich.com).
Nachteil sei, dass die „deutsche Neidkultur“ zu „unguter Stimmung“ führen könnte.
…richtig, aber deutlich untertrieben. Der Nutzen der Gehaltsoffenlegung wird überhaupt nicht erkennbar, zumindest erklärt dieser BILD.de-Artikel nichts.
(Quelle: Wirtschaftsexperten fordern: Alle Deutschen sollen Gehalt offenlegen! – Wirtschaft – Bild.de.)